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Basiswissen Industrieböden

Estriche und Beschichtungen – Was sind eigentlich Industrieböden?

Bei der Bedeutung des Worts Industrieböden kommt es immer wieder zu Verwirrung. Handelt es sich dabei um einen Estrich oder um eine Beschichtung ? Der Sachverständige Walter Böhl klärt auf, was Industrieböden sind und welche Sonderformen es gibt.

Knöller - Basiswissen Industrieböden

In der DIN EN 13318 „Estrichmörtel und Estrichmassen – Begriffe“ ist genau definiert, was ein Estrich ist: „Estrich ist eine Schicht oder Schichten aus Estrichmörtel, die auf der Baustelle direkt auf den Untergrund, mit oder ohne Verbund, oder auf einer zwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht verlegt wird, um eine oder mehrere der nachstehenden Funktionen zu erfüllen: Eine vorgegebene Höhenlage zu erreichen, einen Bodenbelag aufzunehmen, unmittelbar genutzt zu werden.“ Man bemerkt oft erst auf den zweiten Blick, dass diese Definition sehr weit gefasst ist. Demnach sind sowohl eine dünne Spachtelmasse und Beschichtungen als auch ein dicker Betonboden in einer Industriehalle ein Estrich. Aber was ist dann ein Industrieestrich ? In DIN 18560 Estriche im Bauwesen sind die sogenannten hochbeanspruchbaren Estriche oder Industrieestriche im Teil 7 geregelt. Dort werden Gussasphaltestrich, Kunstharzestrich, Magnesiaestrich und zementgebundener Hartstoffestrich genannt. Da für diese Materialien unterschiedliche Prüfmethoden angewandt werden, ist der direkte Vergleich schwierig. In der Norm wurde dieses Problem durch die Einführung von Beanspruchungsgruppen gelöst.

Beanspruchung durch Fahrzeugbereifung

Gruppe 1 schwer  Stahl- und Polyamidbereifung
Gruppe 2  mittel  Urethanelastomer, (Vulkollan) Gummi
Gruppe 3  leicht  Luft- und Elastikbereifung

Quelle: Beanspruchungsgruppen DIN 18560, Teil 7, Tabelle 1

Der Planer muss deshalb bei der Estrichauswahl nur die spätere Beanspruchung zugrunde legen. Die Norm gibt für die einzelnen Estricharten die Anforderungen vor. Diese orientieren sich vor allem an den von Flurförderfahrzeugen ausgelösten Pressungen, die sich nach der Härte der Bereifung unterscheiden. Bei weicher Luftbereifung entstehen nur geringe Pressungen von kaum 1 N/mm², bei weicher Kunststoffbereifung (Vulkollan) liegen die Pressungen bei ca. 7 N/mm² und bei harter Kunststoffbereifung (Polyamid) sind es 20 N/mm². Stahlräder verursachen Pressungen zwischen 60 und 150 N/mm². Diesem extremen Druck ist eigentlich kein Industriebodenmaterial wirklich gewachsen. Dennoch sind auch Stahlräder bei der Beanspruchungsgruppe 1 der Norm genannt. Die Verwendung von Stahlrädern wird jedoch auch bei den hochwertigsten Industrieböden immer Verschleiß verursachen. Das gilt auch für Polyamidräder, in die sich Schmutzpartikel eingedrückt haben, besonders Stahlspäne. Polyamidräder werden meist bei Handhubwagen verwendet. Man sollte sich deshalb bewusst machen, dass ein großer Gabelstapler, der 25 t schwere Container bewegt, durch seine Luft- oder Elastikbereifung nur eine sehr geringe Beanspruchung darstellt. Dagegen ist ein harmlos aussehender Handhubwagen mit Polyamidrädern für den Industrieboden schon eine Herausforderung.

Welcher Industrieestrich wird heute überwiegend eingesetzt?

Seit etwa 1990 hat sich der monolithische Betonboden gegenüber den vorher üblichen Verbundestrichen durchgesetzt. Dabei wird eine Verschleißschicht aus Hartstoffen durch Einstreuen mit speziellen Streuwagen in den frischen, gerade begehbaren Beton hergestellt. Die Einstreuschicht wird maschinell durch Scheiben eingearbeitet und dann geglättet. Es ist jedoch (zur Zeit noch) kein normgerechter Hartstoffestrich und damit kein Industrieestrich im Sinne von DIN 18560 Teil 7. Daneben haben Verbundestriche immer noch eine wesentliche Bedeutung. Darunter fallen Magnesia-, Gussasphalt-, Kunstharz- oder Zementestriche.

Hartstoffestrich

Zementgebundener Hartstoffestrich wird in der erforderlichen Schichtdicke auf den frischen Beton aufgezogen. Die Dicke ist abhängig von der Beanspruchungsgruppe. Hier wird nur die Stoffgruppe A (für Allgemein) beschrieben. Die Stoffgruppen M (Metall) und KS (Korund und Siliciumkarbid) sind in der Praxis kaum von Bedeutung. Nun darf man nicht glauben, dass durch die „Nass in Nass“-Verlegung automatisch immer ein guter Verbund entsteht. Hierzu ist einiges an handwerklichem Können und Erfahrung notwendig.

Schichtdicken von Hartstoffestrichen

Gruppe 1 schwer  > 15 mm
Gruppe 2  mittel  > 10 mm
Gruppe 3  leicht > 8 mm

Quelle: Beanspruchungsgruppen und Dicken DIN 18560, Teil 7, Tabelle 1

Wird die Hartstoffschicht auf den abgebundenen Beton aufgebracht, erfordert das zusätzlich eine Oberflächenbearbeitung des Betons (Fräsen oder Kugelstrahlen) und eine Haftbrücke. Letztere besteht üblicherweise aus Zement. Es werden auch spezielle Trockenmörtel eingesetzt, die eine hohe Anforderung an die Oberflächenzugfestigkeit und Haftzugfestigkeit des Untergrunds > 1,5 N/mm² auszeichnen.

Industrieestrich aus Sonderzementen

Die Probleme durch das Schwundmaß der Hartstoffestriche (Risse und Hohlstellen, hohe Anforderungen an die Untergrundfestigkeit und Untergrundvorbereitung) konnten durch die Verwendung von nahezu schwundfreien Sonderzementen, die sich in den letzten 15 Jahren etabliert haben, weitgehend gelöst werden. Diese Estriche erhärten auch in sehr kurzer Zeit und sind deshalb auch für die Sanierung von Industrieböden im laufenden Betrieb geeignet.

Quelle: Fussboden Fuxx